Mittwoch, 16. Dezember 2015

Residenzschloss Rastatt | Allgemeines FORSCHUNGSPROJEKT GLASKORROSION

Glas ist nicht nur ein zerbrechliches Material, es altert auch. In einem wegweisenden Forschungsprojekt haben die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg zusammen mit dem Fraunhofer-Institut nun erstmals eine Untersuchung zur Glaskorrosion und ihren Ursachen gestartet. Die Ergebnisse des ersten Projektabschnittes konnten jetzt im Residenzschloss Rastatt präsentiert werden. Mit diesem Forschungsprojekt zur Glaskorrosion betreten die Staatlichen Schlösser und Gärten Neuland: Bisher ist noch nirgends diese Krankheit untersucht worden.

Im Blick der Wissenschaft: gefährdetes historisches Glas der Favorite-Sammlung

Glas ist nicht nur ein zerbrechliches Material, es altert auch. In einem wegweisenden Forschungsprojekt haben die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg zusammen mit dem Fraunhofer-Institut nun erstmals eine Untersuchung zur Glaskorrosion und ihren Ursachen gestartet. Die Ergebnisse des ersten Projektabschnittes konnten jetzt im Residenzschloss Rastatt präsentiert werden. Mit diesem Forschungsprojekt zur Glaskorrosion betreten die Staatlichen Schlösser und Gärten Neuland: Bisher ist noch nirgends diese Krankheit untersucht worden.

ALTERUNGSPROZESS BEI HISTORISCHEM GLAS ERFORSCHT
Rund 500 historische Gläser zeigen die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg in Schloss Favorite bei Rastatt. „Ein großer Teil davon stammt aus der Sammlung der Markgräfin Sibylla Augusta, der Erbauerin des Lustschlosses“, erklärt Michael Hörrmann, der Geschäftsführer der Staatlichen Schlösser und Gärten. Etwa ein Fünftel dieser Gläser des Barock ist krank: Sie sind von der Glaskorrosion betroffen, „in unterschiedlichem Ausmaß“, wie Michael Hörrmann erläutert. Er präsentierte bei einem Termin in Schloss Rastatt gemeinsam mit dem zuständigen Restaurator Werner Hiller-König und der Konservatorin der Rastatter Schlösser Dr. Petra Pechaček die ersten Ergebnisse eines wegweisenden Forschungsprojektes, das vor etwa einem Jahr gestartet wurde.

KOOPERATIONSPROJEKT MIT DEM FRAUNHOFER-INSTITUT
Zusammen mit dem Fraunhofer-Institut Bronnbach konnten die Restauratoren der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg Wege für den Umgang mit dieser Gefährdung finden. Michael Hörrmann: „Die Staatlichen Schlösser und Gärten nehmen damit eine Vorreiterrolle auf diesem Gebiet ein.“ Als erste Schlösserverwaltung, ja sogar als erste Institution überhaupt, die eine Sammlung historischer Gläser betreut, haben die Staatlichen Schlösser und Gärten eine solche Untersuchung zu Ursachen und Verlauf in Angriff genommen.

KOMPLEXE FRAGEN ZUM RICHTIGEN UMGANG MIT GLAS
Worum ging es bei diesem Forschungsprojekt? „Aufbewahrung und Präsentation von historischen Gläsern. Möglichkeiten der konservatorischen Betreuung von korrodierenden Gläsern“ – so lautet der Titel, den Restaurator Werner Hiller-König von den Staatlichen Schlösser und Gärten nannte. „Wir mussten zuerst einmal die Begriffe klären“, so Werner Hiller König. Bisher ist die Nomenklatur, das Vokabular, mit dem das Schadensbild beschrieben und verglichen werden kann, noch nicht einheitlich – weder in der deutschen noch in der internationalen Forschung. Dann: Die Krankheit hat verschiedene Bilder. Was genau ist Glaskorrosion? Und was lässt sich vorbeugend tun, damit Gläser nicht befallen werden? Wie müssen historische Gläser aufbewahrt werden – und wie auf keinen Fall? Werner Hiller-König erklärte, man müsse sich auch fragen, ob das, was als Glaskorrosion bezeichnet werden kann, eventuell nichts anderes sei als „ein rasch ablaufender Alterungsprozess des Glases, der in der Natur des Materials liegt“.

ERSTE ANTWORTEN AUS DEN ERGEBNISSEN DER UNTERSUCHUNG
Viele offene Fragen – und auf einige konnten anhand der Gläser der Sammlung erste Antworten gefunden werden. Inzwischen weiß man, dass es keinen eindeutigen Ablauf der Erkrankung gibt: Die Krankheitsbilder der befallenen Gläser lassen sich nicht in einer strikten Abfolge anordnen. Ebenfalls ein Ergebnis: Auch die Erkrankung selbst ist kein einheitliches Verhalten bei historischen Gläsern. Es stellte sich heraus, dass sogar Gläser aus der gleichen Manufaktur und der gleichen Zeit individuell unterschiedlich reagieren. Um zu klären, was Umweltfaktoren für die Zerstörung sein könnten, führte man umfangreiche Messungen in den Vitrinen der Favorite-Gläser durch. Dabei zeigte sich, dass die Gläser sich in bestimmten klimatischen Situationen besser halten. Eine durchlüftete Aufbewahrung ist, so das Ergebnis der Messungen, besser für das Material als eine luftdichte Vitrine. Und klar ist nun auch: Der Prozess ist unumkehrbar. Die Molekülstrukturen des Glases verändern sich – und es gibt keinen Weg zurück. Prävention und Sicherung sind daher die Möglichkeiten, die sich derzeit abzeichnen, um historische Gläser zu erhalten.

VORREITERROLLE DER STAATLICHEN SCHLÖSSER UND GÄRTEN
Erfahrungen und Untersuchungen im Bereich Glaskorrosion gab es vor allem bei archäologischen Gläsern, dem bisherigen Arbeitsgebiet des Fraunhofer-Institutes. Bei der Untersuchung zeigte sich aber: Die neuzeitlichen Gläser reagieren ganz anders als das antike Glas aus Bodenfunden. Mit den rund 500 Gläsern in Schloss Favorite betreuen die Staatlichen Schlösser und Gärten eine herausragende Sammlung barocker Glaskunst. „Wir sind froh, dass wir in der Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut die Gelegenheit haben, das Problemfeld erstmals zu erforschen“, erklärte Michael Hörrmann. Die Arbeit am Forschungsprojekt wird nach dem Abschluss des ersten Projektmoduls weitergehen: Aus weiteren Messungen und Untersuchungen erwartet man sich mehr Daten, die Aufschlüsse über die Ursachen und genauere Kenntnisse zum Verlauf der Glaskorrosion geben.

Download und Bilder