Donnerstag, 26. März 2020

Residenzschloss Rastatt | Allgemeines Heute vor 330 Jahren: Sibylla Augusta und der Türkenlouis heiraten

Ein Termin von weitreichender Bedeutung: Genau heute, am 27. März 1690, vor genau 330 Jahren, heiratete Sibylla Augusta den „Türkenlouis“ auf Schloss Raudnitz in Böhmen. Der Markgraf von Baden-Baden gewann damit eine vermögende junge Frau. Und das in mehreren Kriegen weitgehend zerstörte Land erhielt eine Landesherrin von ganz herausragenden Fähigkeiten.

EIN UNGLEICHES PAAR
Ludwig Wilhelm war das einzige Kind einer unglücklichen Ehe. Sein Vater Ferdinand Maximilian hatte eine Prinzessin von Savoyen-Carignan geheiratet, die sich strikt weigerte, aus Paris ins provinzielle Baden-Baden zu ziehen. So wurde Ludwig Wilhelm auch 1655 in Paris geboren und lebte die ersten Jahre dort. 1677, mit 22 Jahren, wurde er badischer Markgraf. Als Feldherr im Dienste des Kaisers konnte er schon früh militärische Erfolge für sich verbuchen und erhielt 1689 den Oberbefehl über die kaiserliche Armee im Großen Türkenkrieg, der ihm den Beinamen „Türkenlouis einbrachte.“

 

EINE REICHE JUNGE BRAUT
Franziska Sibylla Augusta hingegen wurde 1675 als zweite Tochter des Herzogs Julius Franz von Sachsen-Lauenburg und der Pfalzgräfin Hedwig von Sulzbach in Böhmen geboren. Die Familie war eine der reichsten Fürstenfamilien Europas. Sibylla Augusta und ihre Schwester Anna Maria Franziska waren daher begehrte Kandidatinnen auf dem fürstlichen Heiratsmarkt. Als der Vater starb, hatte er die Töchter testamentarisch unter den Schutz des Kaisers gestellt. Für Kaiser Leopold I. kam dieses Testament sehr gelegen. Er hatte zwei hochverdiente Feldherren in seinen Diensten, die er noch belohnen musste. Folglich teilte er das böhmische Erbe auf die beiden Töchter auf und wollte die ältere mit seinem Feldherrn Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden-Baden verheiraten und die jüngere mit dessen Cousin Prinz Eugen. Als Ludwig Wilhelm 1690 zur Brautschau kam, wählte er, zum Ärger der älteren Schwester, die jüngere: die 15-jährige Sibylla Augusta. Vier Tage später fand die Verlobung statt. Und drei Monate später, am 27. März 1690 fand die Hochzeit auf Schloss Raudnitz statt.

 

EIN SPÄTER UMZUG
Nach der Hochzeit residierten Sibylla Augusta und Ludwig Wilhelm zunächst im böhmischen Schlackenwerth. Die badische Markgrafschaft war 1689 durch französische Truppen verwüstet worden, die Residenz in Baden-Baden lag in Schutt und Asche und es war noch kein neues, standesgemäßes Schloss erbaut worden. Nachdem Ludwig Wilhelm 1693 das Kommando über die Truppen am Oberrhein gegen Ludwig XIV. übernommen hatte, wechselten die Aufenthaltsorte des Paares ständig und Sibylla Augusta stattete der Markgrafschaft nur Besuche ab. 1697 beauftragte Markgraf Ludwig Wilhelm den italienischen Architekten Domenico Egidio Rossi mit dem Bau eines neuen Jagdschlosses. Im Jahr 1700 kam die Planänderung: Das Gebäude sollte das neue Residenzschloss werden. Teile des Mittelbaus wurden wieder abgebrochen und durch ein neues, breiteres Gebäude ersetzt. Erst 1705 bezogen Sibylla Augusta, Ludwig Wilhelm und ihre Kinder die neu erbaute Residenz in Rastatt.

 

WEITBLICKENDE FÜRSTIN UND BEDACHTE BAUHERRIN
1707 starb der „Türkenlouis“. Markgräfin Sibylla Augusta übernahm mit 32 Jahren die Regentschaft. Zwanzig Jahre lang herrschte sie über das kriegszerstörte Land und brachte es wieder auf die Beine. Doch zunächst musste die junge Witwe Rastatt, das wieder durch Franzosen eingenommen wurde, verlassen und kehrte erst nach dem Rastatter Frieden 1714 zurück. Sibylla Augusta setzte ihr persönliches Vermögen ein und reduzierte zugleich den Aufwand für die Hofhaltung. Sie förderte den Aufbau der Stadt und der Wirtschaft, der Kirchen und Schulen. 1727, am Ende der Regierungszeit Sibylla Augustas, war das Land finanziell saniert und wiederaufgebaut. Ihre Residenz hatte die Markgräfin durch das Lustschloss Favorite, durch die Schlosskirche und mehrere Kapellen vollendet. Ein großer Teil ihrer Bauprojekte vom Beginn des 18. Jahrhunderts besteht noch heute. Ihre Ideen haben Rastatt geprägt – und was sich erhalten hat, vermittelt bis heute ein authentisches Bild der Sammelleidenschaft, des Kunstsinns und der Frömmigkeit dieser ungewöhnlichen Frau.

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